Nachhaltigkeit darf kein me too-Thema sein

Im Rahmen des 4. Austrian Sustainability Summit am 21. / 22.3. 2024 in Wien war PERFACT CONSULTING mit einem Interview-Format, dem Espresso Talk, vertreten. Lesen Sie hier die wesentlichen Inhalte des Interviews, das Christoph Stieg (CEO PERFACT CONSULTING) mit Angelika Duckenfield (Nachhaltigkeitsberaterin, u.a. für Bründl Sports) geführt hat:

Wie bewertest du die ESG-Performance entlang der Liefer- und Wertschöpfungskette im Fashion- und Sportartikelhandel?

Der Fashion- und Sportartikelhandel sowie die Produktion stehen vor großen Herausforderungen in Bezug auf Umwelt, Soziales und Governance (ESG). Viele Unternehmen erkennen die Notwendigkeit, nachhaltiger zu werden, sowohl in ihrer Lieferkette als auch in der Produktion. Es gibt einen wachsenden Druck von Seiten der Verbraucher, Investoren und Regulierungsbehörden, um sicherzustellen, dass Unternehmen ESG-Prinzipien in ihr Geschäft integrieren. Es geht aber nicht nur um die Fashion-Branche, denn es gibt definitiv ein wachsendes Bewusstsein für die Dringlichkeit eines neuen Denkansatzes in allen Bereichen, sei es bei Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten oder anderen Stakeholdern. Eine große Herausforderung besteht jedoch darin, die Kräfte zu bündeln und Wissens- sowie Handlungslücken zu überwinden.

Genau um diese neuen Denkansätze geht es und auch um das Bündeln der Kräfte. Kannst du uns berichten, wie Bründl Sports das Konzept der Nachhaltigkeit konkret in die Unternehmenspraxis integriert hat?

Bründl ist mit dem klaren Ziel gestartet, Nachhaltigkeit in alle Aspekte des Geschäfts zu integrieren. Dies umfasst sowohl die Produkte, die wir anbieten, als auch unsere betrieblichen Praktiken.
Während der Corona-Zeit haben wir die Gelegenheit genutzt, eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Dabei standen und stehen zwei Kernwerte im Mittelpunkt: Ganzheitlichkeit und Integration im gesamten Unternehmen, ohne separate Abteilungen. Unsere Strategie beinhaltet die enge Zusammenarbeit mit allen Mitarbeitern sowie die Motivation der Belegschaft. Zu diesem Zweck wurde eine Task Force mit Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen gegründet, mit dem vorrangigen Ziel, Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren.

Wir bei PERFACT CONSULTING sind davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit ein Führungsthema ist und dort ehrlich und authentisch gelebt werden sollte.

Genau so ist es, entscheidend ist, dass das Commitment von der Unternehmensführung kommt, um einerseits die Motivation der Mitarbeiter zu fördern und andererseits das Thema im Unternehmen zu platzieren. Nachhaltigkeit darf kein „me too Thema sein, sondern muss integraler Bestandteil des Unternehmens sein. Und das geht nur, wenn das Thema Sichtbarkeit bekommt, z.B. wenn es regelmäßiger Bestandteil auf Geschäftsführerebene ist.

Nachhaltigkeit darf kein „me too Thema sein, sondern muss integraler Bestandteil des Unternehmens sein

Wie werden die Nachhaltigkeitsziele von Bründl überwacht und gemessen?

Hier setzen wir für die direkte Messung auf die Verwendung von Software zur Überwachung unserer Nachhaltigkeitsziele und -leistungen. Zusätzlich werden die einzelnen Sustainable Development Goals (SDGs) als Rahmen für unsere Nachhaltigkeitsstrategie einbezogen. Wichtig ist hier die Transparenz.
Bründl setzt auch auf die Weiterentwicklung und Verpflichtung seiner Lieferanten durch die Einführung eines Lieferantenpflichtenhefts sowie die Durchführung von Lieferantentagen, an denen ganz gezielt auf Weiterbildung und Wissenstransfer in punkto Nachhaltigkeit gesetzt wird. Zusätzlich dazu wurde ein Verhaltenscodex entwickelt, der klare Richtlinien und Standards für das unternehmerische Verhalten festlegt. Quartalsweise „Mach mit Aktionen“ wie Reinigungsinitiativen, das Sammeln von Skischuhen zu Forschungszwecken und gemeinschaftliche Projekte zur Förderung der Nachhaltigkeit sind ebenfalls Teil unserer Strategie.

Stichwort Transparenz: Welche Maßnahmen hat Bründl ergriffen, um diese zu gewährleisten?

Wir haben uns dazu verpflichtet, regelmäßig Daten zu sammeln, um Regulierungsanforderungen zu erfüllen. Zudem haben wir kürzlich unseren ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht, der einen Meilenstein darstellt. In diesem Bericht zeigen wir Transparenz und Offenheit über unseren aktuellen Stand sowie unsere zukünftigen Pläne. Dieser Bericht dient nicht als Marketinginstrument, sondern er gibt auch Mut zur Lücke und zeigt Verbesserungsmöglichkeiten auf. Und an diesen muss dann weitergearbeitet werden.

Wie schaffen wir ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit im Unternehmen und vor allem bei allen Mitarbeitenden – was braucht es dazu generell?

In der heutigen Zeit ist ein wachsendes Bewusstsein für die Notwendigkeit eines neuen Denkansatzes bei allen Interaktionspunkten spürbar, sei es unter Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten oder anderen Stakeholdern. Insbesondere die nächste Generation zeigt ein verändertes Verständnis und eine größere Sensibilität für Umwelt- und soziale Themen. Um diesen Wandel weiter voranzutreiben, ist es unerlässlich, eine kooperative Beziehung zwischen den Generationen zu fördern. Dabei bedeutet ein neues Mindset nicht nur das Vermeiden von Schaden, sondern auch aktives Handeln zum Wohl der Umwelt, beispielsweise durch die Förderung von regenerativer Landwirtschaft. Eine bedeutende Herausforderung besteht darin, Wissens- und Handlungslücken entgegenzuwirken. Daher setzen wir auf kontinuierliche Weiterbildungen und Schulungen, um das Wissen unserer Mitarbeiter zu erweitern und bestehende Mythen und Ausreden zu beseitigen. Unsere Leitlinie hierbei sind die Sustainable Development Goals (SDGs), die als Orientierung für unsere Nachhaltigkeitsbemühungen dienen. Um ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit im Unternehmen zu schaffen, ist es wichtig, Schulungen und Programme anzubieten, die die Mitarbeiter über die Auswirkungen ihres Handelns informieren. Dies kann von der Schulung über nachhaltige Produktoptionen bis hin zur Einbindung in die Entscheidungsfindung des Unternehmens reichen. Insgesamt ist das ein dynamischer Prozess, der fortlaufendes Engagement erfordert – und zwar von allen Seiten.

Angelika Duckenfield verfügt über 35 Jahre internationale Top-Management-Erfahrung. Sie war 25 Jahre lang in der Geschäftsleitung eines Weltmarktführers für Lederarmbänder tätig und ist seit 2015 als selbständige Unternehmens- und Nachhaltigkeitsberaterin tätig. Seit 2020 managt sie die Nachhaltigkeitstransformation bei Bründl Sports in Kaprun und 32 weiteren Niederlassungen im Alpenbereich.