«Gutes Consulting braucht klare Ziele»

Seit 30 Jahren ist der Wiener Christoph Stieg (47) in der Consultingbranche tätig. 2020 eröffnete er eine eigene Niederlassung in Ruggell.

Herr Stieg, Sie gründeten 1992 in Wien «perfect training», heute heisst Ihr Unternehmen «Perfact Consulting». Was verbirgt sich hinter dem Namen?
Christoph Stieg: Das Wort «Fact» steht für Fakten. Mir war bereits bei der Gründung wichtig, dass wir den Fokus auf messbare Ergebnisse legen und uns so von anderen Unternehmen abheben, welche im Bereich Consulting sowie Personal- und Organisationsentwicklung tätig sind. Diese Fokussierung auf Fakten soll mit dem Kunstwort «Per-Fact» deutlich gemacht werden.

Sie bezeichnen sich als «Full Service-Partner für wirksame Personalentwicklung». Was heisst das konkret bzw. woraus besteht Ihr Kerngeschäft?
Einfach gesagt helfen wir den Menschen in Unternehmen, insbesondere Führungs- und Verkaufskräften, dass sie ihre Ziele leichter, sicherer und freudvoller erreichen können. Dafür profitieren unsere Kunden von einer ­effizienten Organisationsentwicklung, von der Beratung zur Lernkultur und Agilität im Unternehmen sowie von ­effektiver Personalentwicklung, Schulung und Training – analog/vor Ort und gleichermassen online/remote oder voll digital mit eLearning.

Was macht gutes Consulting aus?
Als Erstes braucht es klare Ziele und wir als Berater müssen genau darauf achten, wo das grösste Veränderungsmoment ist, um diese Ziele zu erreichen. Zentral ist zudem, dass wir bei der ­anschliessenden Umsetzung ehrgeizig und ambitiös sind. Wir geben den Menschen Instrumente an die Hand, mit ­denen sie das gesteckte Ziel leicht erreichen. Gleichzeitig müssen wir fordern, dass etwas besser als bisher gemacht wird. Natürlich immer mit der gebührenden Wertschätzung der Personen und bisheriger Erfolge.

Was begeistert Sie an Ihrem Beruf?
Die Veränderungsfähigkeit des Menschen – dass er morgen etwas anderes machen kann als heute. Das schliesst den beruflichen Kontext genauso ein wie den sozialen, ökologischen oder auch familiären Bereich. Mich begeistert auch, Menschen von dieser Absicht, etwas ändern zu wollen, hin zur Tat zu begleiten.

Wie lange dauert es, bis Ihre ­Kunden ins «Tun» kommen?
Geht es um kleine Veränderungen, bedarf es vielleicht nur einem Fingerschnipsen. Denn schlussendlich muss man es ja einfach nur tun. Bei grösseren Veränderungsprozessen sind indes zahlreiche kleinere Elemente in die Überlegungen miteinzubeziehen. Hier muss mit einer Projektdauer von mindestens einem halben Jahr gerechnet werden. Vielfach begleiten wir unsere Kunden z. B. zunächst für ein Jahr und bauen zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf dieser Begleitung auf. Daraus ergeben sich nicht selten jahrelange fruchtbare Zusammenarbeiten.

Wer zählt zu Ihren Kunden?
Um Kunden z. B. beginnend mit R zu nennen sind dies Raiffeisen, Red Bull, Ricoh oder Rail Cargo. Was die Branchen betrifft, sind wir sehr breit aufgestellt. Die meisten unserer Kunden sind inhabergeführte Unternehmen oder auch Genossenschaften.

Seit 2020 haben Sie auch eine ­Niederlassung in Liechtenstein. Wie kam es dazu?
Wir betreuen schon seit Längerem immer wieder Kunden aus der Region. Beispielsweise besteht seit mehreren Jahren eine Zusammenarbeit mit der Firma Huber Juwelier in Vaduz, aber auch für Helvetia Versicherungen oder die Hilti AG haben wir bereits Projekte durchgeführt. Gerne möchte ich eine Vorort-Präsenz bieten. Ich bin überzeugt davon, dass unser Messbarkeitsanspruch samt der Möglichkeit
einer erfolgsorientierten Honorierung gerade hier in der Region von Unternehmern sehr geschätzt wird.

Ihnen ist ökologisches und soziales Engagement ein Anliegen. Wieso?
Aus Überzeugung. Denn wenn Wirtschaften uns und unserem Lebensumfeld gut tun soll, dann muss es in einem sozialem und ökologischem Kontext passieren. Ist das nicht der Fall, leiden – meist an einem anderen Ort – Menschen, Tiere oder die Umwelt darunter. Ich bin fest davon überzeugt, dass jedes Unternehmen sozial, ökologisch und ökonomisch agieren kann. Nur dann ist es nachhaltig.

Ihnen liegt ökologisches und soziales Engagement am Herzen. Inwiefern schlägt sich dies in Ihrer Beratertätigkeit nieder? 
Es gab die Überlegung, ein entsprechendes Angebot in unser Portfolio aufzunehmen. Aber dann hätten wir uns komplett neu ausrichten müssen. Daher gehe ich mit gutem Beispiel voran und möchte jedem, der es will, als inspirierender Unternehmer zur Verfügung stehen. Ich bin aber nicht als Missionar unterwegs und verlange für diesen Austausch auch kein Honorar. Es ist vielmehr meine Überzeugung, die ich hier gerne teilen will.

Pendeln Sie aus ökologischen Überlegungen jeweils mit dem Zug von Wien nach Liechtenstein und nicht per Auto oder Flugzeug?
Richtig. Ich fahre aus Überzeugung mit der Bahn, auch da es für mich viel effizienter ist als etwa Fliegen. Im Zug kann ich von der ersten Minute an arbeiten.

Inhaltlich fokussieren Sie bei Ihrer Arbeit derzeit unter anderem auf Teambuilding im Lockdown. Wie funktioniert dies in Zeiten von Zoom-Meetings und brachliegendem persönlichem Austausch?
Gut, dass Sie diese Frage stellen. Denn in der Tat: Teilweise haben Teams stark unter der aktuellen Situation gelitten. Zunächst waren viele Führungskräfte von der neuen Situation begeistert, denn sie erlebten alles plötzlich als viel effizienter. War zum Beispiel ein Online-Meeting beendet, konnte sogleich das nächste beginnen. Ich habe das beobachtet und war etwas beunruhigt und dachte mir: Wie wird das weitergehen? Im vergangenen Herbst sahen die Rückmeldungen dann schon anders aus: Führungskräfte äusserten plötzlich Zweifel. Sie waren sich nicht mehr sicher, ob ihre Botschaften bei den Mitarbeitern ankommen und wussten kaum mehr, wie es den Kollegen im Home­office wirklich geht. Um dem entgegenzuwirken, sind oftmals einfache Kommunikationselemente von entscheidender Bedeutung. Indem man etwa darüber spricht, was den Einzelnen gerade frustriert oder sich gegenseitig Mut zuspricht und sich motiviert, kann Abhilfe geschaffen werden.

Wie erleben Sie von Ihnen betreute Teams nach über einem Jahr Pandemie? 
Einige Teams sind sicherlich sehr angeschlagen. Einzelne Führungskräfte berichten, dass sie das Gefühl haben, manche Teammitglieder «verloren» zu haben. Aus meiner Sicht ist es jedenfalls möglich, jedes Team, etwa mit den genannten Mitteln, wieder zu reaktivieren.

Kommen wir zu den etwas persönlicheren Fragen: Wie und wo tanken Sie Kraft für Ihren beruflichen Alltag?
So gut wie immer in der Natur und mit meiner Familie. Egal ob beim Sport oder einfach dem gemeinsamen Sitzen an der Sonne: Ich bin sehr gerne in der Natur. So kann ich mich an einem blühenden Baum oder an einer verschneiten Tanne sehr erfreuen. Sehr wichtig ist es mir natürlich auch, Zeit mit meiner Partnerin und meinen beiden Töchtern zu verbringen.

Worauf legen Sie privat wert? 
Vor einigen Jahren wurde mir bewusst, dass ich jenen Menschen, mit denen ich gerne Zeit verbringe, meine volle Aufmerksamkeit schenken möchte. Früher war ich ein sehr getriebener Mensch, der sich selbst sehr unter Druck gesetzt hat. Durch meine Kinder habe ich gelernt, wie attraktiv es ist, sich jemandem wirklich und mit voller Energie zu widmen.

Welches Ziel möchten Sie noch erreichen?
Mit meiner Unternehmensgruppe möchte ich im deutschsprachigen Raum der erste Ansprechpartner für ­inhabergeführte Unternehmen sein, wenn es darum geht, sie dabei zu unterstützen, ihre ehrgeizigen Ziele zu erreichen.

Zu guter Letzt: Sie arbeiten und leben in der Millionenstadt Wien. Was gefällt Ihnen am kleinen Liechtenstein?
Besonders gut gefällt mir die Landschaft mit ihrer Weite, dem Rhein und den gefälligen Bergen und der offene und konstruktive Austausch. Ich erlebe eine hohe Gesprächsqualität, weil man sich wertschätzt und Interesse hat am Gegenüber. Manchmal fehlt mir das in Wien.